Bezug zum Ort - der Genius Loci

Schon der Wettbewerbsentwurf des Büro Henning Larsen reinterpretierte den Charakter des Vorgängerbaus, der ehemaligen Oberfinanzdirektion und versuchte der neuen Nutzung am historischen Finanzstandort qualitativ Ausdruck zu verleihen.

Hierbei sollte insbesondere das Farbspiel der OFD wiederaufgegriffen werden, das mit den erdigen Farbtönen der seinerzeit verbauten Spaltklinker ein warmes Ambiente erzeugte. Anknüpfungspunkt war hier insbesondere der dominant empfundene Rotton der historischen Fassade, der erst im Auge durch Mischung der Einzelfarben aus Braun- Beige- Grau- Rot- und Orangetönen entstand. Mit einem dynamischen Wechsel von hellen und dunklen Fassadenflächen sollte das vielfältige Spiel der historischen Referenz zitiert werden, das die Klinkerfarben in ihren jeweiligen Reintönen, in größeren Teilflächen zusammengefasst,  schachbrettartig über die Gebäudekubatur verteilte. Im Entwurf entwickelte Henning Larsen aus diesen Gedanken eine wirtschaftliche Lösung mit dunkelrot gefärbten Eternittafeln, die geschossweise versetzt den dynamischen Ausdruck beibehalten sollten.

Die Zielsetzungen übertreffen

Den besonderen Charakter des Ortes zu erhalten, den MOW bereits bei der erfolgreichen Grundstückssuche mit dem Denkmal des Wirtschaftswunders identifiziert hatte, war entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts durch die General­planer aus Frankfurt. Mit umfassenden Kenntnissen aus der Wettbewerbsbetreuung, den vorangegangenen Studien und Abstimmungen Stadt und Denkmalamt ausgestattet, machten sich die Experten von MOW ans Werk, die  anspruchsvollen Ziele Realität werden zu lassen. Im Fokus standen hier neben dem Ortsbezug natürlich die Zielsetzung optimaler Lern- und Arbeitswelten sowie die Nachhaltigkeit des Projektes. In all diesen Bereichen konnten die Zielsetzungen durch enge Zusammenarbeit mit Spezialisten übertroffen werden. So wurde die Nachhaltigkeit verbessert, die Aufenthaltsqualität gesteigert und die im Entwurf vorgesehene Fassade durch eine wertigere Speziallösung ersetzt.

Aus Gold wird Platin

So wurde die Nachhaltigkeit des Projekts gestärkt, indem durch intelligente Technik und ressourcenschonenden Materialeinsatz aus dem anvisierten DGNB-Gold ein mit dem höchstmöglichen Platinstandard zertifiziertes Gebäude entstand.

Die historische Fassade als Vorbild: aus über hundert Farben wurden speziell für das Projekt neun Farbtöne gemischt

Mehr Licht

Die Aufenthaltsqualität wurde erheblich gesteigert, da die vom Wettbewerbsbüro geplanten Fenster durch MOW in enger Abstimmung mit Spezialisten der Bauphysik um 20 cm vergrößert werden konnten, was nicht nur zu einer besseren Belichtung und besserem Durchblick führt, sondern auch die angestrebte Vertikalität der Fassade verstärkt.

Perfekte Mischung

Schließlich gelang es auch, die im Entwurf vorgesehene Fassade aus Eternitplatten durch eine höherwertige und dem Genius Loci wirklich gerecht werdende Keramikfassade zu ersetzen. Um dies innerhalb des gesteckten Budgets zu erreichen musste die 8.200m² umfassende Fassade mehrfach neu gedacht werden. In enger Abstimmung mit dem Bauherrn und den Kollegen von Henning Larsen wurden hierbei alternative Materialien und Farben ausgelotet, gerechnet und bemustert um der Frankfurt School ein auch in der Fassade ablesbares Alleinstellungsmerkmal unter den privaten Hochschulen zu verschaffen. Nach umfassendem Einsatz von 3d-Simulationen und Bemusterungen vor Ort kristallisierte sich hierbei heraus, dass weder die zunächst angedachten Eternitplatten noch moderne Glasfaserbetone die gewünschte Lebendigkeit erzielen. Schließlich wurde mit einem Bekleidungssystem eines niederländischen Herstellers ein vielversprechendes Material gefunden, das sowohl in seiner Fernwirkung als auch in der Nahsicht ein detailreiches Farbspiel innerhalb standardisierter Farbtöne versprach.

Anschließend musste sich zeigen, ob aus der vielfältigen Farbpalette ein Farbkonzept zu entwickeln ist, das die gewünschte Wirkung – einen intensiven und durch Nuancen lebendigen Rotton-  abbilden kann.  Nach Bemusterung der möglichen Farben in den Niederlanden wurde mit einem gewählten rot-braunen Standardfarbton ein Mock-Up vor Ort errichtet, um das Material im Kontext und anhand der lokalen Lichtverhältnisse zu testen. Allen vor Ort versammelten Beteiligten wurde schnell klar, dass die optimale Lösung nur in einem Mix mit mindestens einem zusätzlichen, speziell für den Standort gemischten Farbton liegen kann, der zahlreichen Laborproben in Kleinserie für das Mock-up zu einer zweiten Bemusterung erstellt wurde. Hierbei mussten sich am vor dem Präsidialbau der OFD aufgestellten Mock-Up die drei Nuancen der neuen Spezialfarbe „MOW-065“ beweisen. Die MOW-Farbe erwies sich hier als äußerst lebendig. Im Kontext des Präsidialbaus der alten OFD wurde erstmalig das ganze Potential einer eigens für die FS erzeugten Farbe sichtbar.

Optimieren bis zuletzt

Doch damit war es nicht genug. Noch mehr Lebendigkeit und ein Bezug zur OFD in drei wirklich individuellen Farbtönen standen nun im Raum. Ein Wunsch, der angesichts des knappen Zeitplans jedoch kaum noch realisierbar schien. Gemeinsam dem Ziel verpflichtet, das Beste zu erreichen, entschied man sich dennoch mutig, einen weiteren Versuch zu wagen. Da dies zugleich der finale Versuch sein musste und für weitere, spätere Labortests unter dem Druck des Fertigstellungstermins keine Zeit blieb, wurde vor Ort parallel die Untersuchung mehrerer Mischungsverhältnisse für die Sonderfarben fixiert. Die Analyse der verbliebenen Keramikfliesen des Vorgängerbaus war hier der Geber um aus den möglichen Zutaten der niederländischen Keramikspezialisten die Pigmente zu wählen, von denen man sich die perfekten Farben erhoffte. Kurze Zeit später konnten die ersten im Labor gebrannten Testfliesen bei einem Termin in Köln  begutachtet werden. Aus dutzenden nur 10 x 10cm großen Einzelstücken wurden nun drei Farben festgelegt, die in Kleinserien hergestellt und am Mock-Up bemustert werden sollten. Am 22. Dezember fanden sich die Entscheidungsträger der FS, angeführt von Prof. Steffens mit den Architekten von MOW und Henning Larsen an der Baustelle ein, um bei Glühwein das finale Fassadenmuster und die dazu entwickelten Visualisierungen zu betrachten.  Als vorzeitiges Weihnachtsgeschenk konnte das Team die finalen Farben verabschieden, die ab 2017 das Stadtbild  Frankfurts an der Adickesallee für Jahrzehnte prägen werden.

Drei Farben, drei Heiligkeiten

Jede der drei gewählten Sonderfarben MOW-065, MOW-127 und MOW-128 variiert dabei harmonisch dieselben Pigmente in unterschiedlicher Mischung und wird dabei in je drei Helligkeitsgraden hergestellt, wobei die Nummern erahnen lassen, wie viele Labortests nötig waren, um ans Ziel zu gelangen. Dass die neue Keramikfassade der Frankfurt School dabei als Cradle to Cradle-Baustoff zertifiziert nachhaltig und die Platten feingemahlen nicht nur recycle- sondern prinzipiell auch essbar sind unterstreicht, wie lohnend der Einsatz von intelligentem Design mit intelligenten Technologien sein kann.